Unter seinem Geburtsnamen Issur Danielowitsch Demsky kannte ihn niemand – erst unter seinem Künstlernahmen wurde Douglas weltberühmt: Über 85 Filmen drückte der Schauspieler mit dem markanten Kinngrübchen seinen Stempel auf. Mit Douglas starb einer der letzten noch lebenden großen Stars der Goldenen Ära Hollywoods.
Seine berühmteste Rolle war die des Sklavenführers Spartacus im gleichnamigen Film – zwischen den Zeilen ein Manifest gegen die absurde „Kommunistenhatz“, die Hollywood in den 1950er und 1960er Jahren erfasst hatte. Politisch engagiert blieb Kirk Douglas bis an sein Lebensende. Sein größter Wunsch, am 100. Geburtstag auf einen Wahlsieg der Demokraten anstoßen zu können, blieb ihm 2016 allerdings versagt.
„Ich bin Spartacus!“
Die römischen Legionäre haben die aufständischen Sklaven in einer Talsenke eingekesselt. Nun sitzen die Revoluzzer im Staub, die Köpfe gesenkt und erwarten den Tod – da verkündet man ihnen, dass sie mit dem Leben davonkommen könnten. Sie sollen nur ihren Anführer ausliefern, Spartacus, den die Römer in der Masse nicht erkennen.
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Schon erhebt sich der Gesuchte, gespielt von Kirk Douglas, um sich selbst zu stellen, als ein anderer Mann neben ihm aufspringt: „I’m Spartacus!“, und noch einer, bis es aus allen Kehlen hallt: „Ich bin Spartacus!“ Eine Schlüsselszene, die in den 1960ern auch als Solidarisierungsappell an die unterdrückte Arbeiterklasse verstanden wurde.
Anführer einer linken Gegenrevolution
Drehbuchautor Dalton Trumbo, der „Spartacus“ geschrieben hatte, stand damals tatsächlich auf Hollywoods „Schwarzer Liste“, die Filmleute wegen „kommunistischer Umtriebe“ mit einem Arbeitsverbot belegte. Und es war Kirk Douglas, der als Koproduzent des Films beim Studiogiganten Universal durchsetzte, dass Trumbo wieder unter seinem eigenen Namen arbeiten konnte. „Ich habe 85 Filme gedreht“, sagte Douglas 2012 einer Interviewerin der „Jewish Chronicle“, „aber was mich rückblickend am meisten mit Stolz erfüllt, ist, dass ich die ‚Schwarze Liste‘ durchbrochen habe.“
Der am 9. Dezember 1916 als Sohn russischer Einwanderer geborene Douglas wuchs gemeinsam mit sechs Geschwistern in einer Kleinstadt an der US-Ostküste auf. Erzogen wurde er in jiddischer Sprache. In seiner Autobiografie „The Ragman’s Son“ („Der Sohn des Lumpensammlers“) beschrieb Douglas 1988 die Entbehrungen der frühen Jahre.
Die Enge im Heim der Familie Demsky habe ihm die Luft zum Atmen genommen und den Wunsch genährt, später die große weite Welt kennenzulernen. Um sich eine Ausbildung als Schauspieler zu ermöglichen, trat der junge Douglas unter anderem als Showwrestler auf – eine Erfahrung, die ihm in Western und Sandalenfilmen später noch zugutekommen sollte.
Anfänge als Ringkämpfer
In den 1940er und 1950er Jahren spielte Douglas dann kleine Rollen in klassischen Film-Noir-Streifen: als Gangster in Jacques Tourneurs „Out of the Past“ (1947), an der Seite von Burt Lancaster in „I Walk Alone“ (1948) oder – inzwischen eine Hauptrolle – in William Wylers „Detective Story“ (1951).
Es folgte die Zusammenarbeit mit großen Namen wie Joseph L. Mankiewicz (in der romantischen Komödie „A Letter to three Wives“, 1949), Raoul Walsh (im Western „Along the Great Divide“, 1951) und Vincente Minelli („The Bad and the Beautiful“, 1952). Douglas bewies ein glückliches Händchen bei der Rollenwahl – und: Sein Studio setzte auf das Charisma des Mannes, dem der Schalk aus den Augen blitzte.
Eigene Firma nach der Mutter benannt
1955 machte sich Douglas mit seiner eigenen Produktionsfirma unabhängig, Bryna Productions, benannt nach seiner Mutter, Bryna Demsky. Zwischen 1955 und 1986 produzierte die Firma 19 Filme, darunter Stanley Kubricks pazifistisches Drama „Wege zum Ruhm“ und den Western „Einsam sind die Tapferen“, dessen Drehbuch ebenfalls aus der Feder von Dalton Trumbo stammt, und in dem Kirk Douglas an der Seite von Geena Rowlands als Cowboy zu sehen ist. Diese Arbeit hat Douglas selbst immer wieder als seinen ganz persönlichen Lieblingsfilm hervorgehoben.
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1960 im Wiener Gartenbau
Wenn Douglas durch die Welt reiste, um seine Filme zu promoten, standen die Autogrammjäger (und -jägerinnen) Schlange. So auch in Wien, wo er 1960 „Spartacus“ präsentierte und zugleich das damals neu errichtete Gartenbaukino einweihte. Im ORF-Archiv haben sich Aufnahmen von Douglas’ Wien-Besuch erhalten, die ihn mit seiner zweiten Ehefrau, Anne Buydens, im Gartenbaukino zeigen: natürlich in der Mittelreihe, fußfrei.
TV-Hinweis
ORF2 zeigt in memoriam Kirk Douglas am Samstag um 9.05 Uhr den Klassiker „Spartacus“. Am Montag ist nach dem „KulturMontag“ mit den Oscar-Highlights um 23.20 Uhr die Doku „Kirk Douglas: der Unbeugsame“ zu sehen, anschließend um 23.45 Uhr „Trumbo“, das Biopic über den „Spartacus“-Drehbuchschreiber Dalton Trumbo.
Persönlich hatte Kirk Douglas immer wieder schwere Krisen durchzustehen. 2004 starb sein jüngster Sohn, Eric Douglas, ein 46-jähriger Schauspieler, an einer Mischung aus Alkohol und verschreibungspflichtigen Medikamenten. Und auch sein Enkel, Cameron Douglas, Sohn aus der Ehe von Sohn Michael Douglas und Diandra Luker, wurde immer wieder mit Drogen festgenommen und saß sieben Jahre wegen Heroinhandels im Gefängnis.
Oscar-Triumph nach Schlaganfall
Kirk Douglas selbst schrammte mehrmals nur knapp am Tod vorbei: Am 13. Februar 1991 überlebte er einen Hubschrauberabsturz, bei dem zwei Menschen starben. Vier Jahre darauf erlitt er einen Schlaganfall, nach dem er Gehen und Sprechen erst mühsam wieder erlernen musste. Es grenzte an ein Wunder, dass er 2011 persönlich die Oscar-Bühne betrat, um den Preis für die beste Nebendarstellerin zu überreichen: Der Saal ehrte ihn mit langanhaltenden Standing Ovations.
In den letzten Lebensjahren sorgte Douglas vor allem durch politische Stellungnahmen für Aufsehen. Als „ältester Blogger der Welt“ schrieb er in unregelmäßigen Abständen Kolumnen für die Huffington Post, in denen er deutlich Stellung gegen Donald Trump bezog, den er indirekt mit Adolf Hitler verglich: Auch der habe anfangs wie ein Clown gewirkt, darum habe man seine Macht unterschätzt.
Was von Douglas bleibt, ist ein an Klassikern reiches Filmwerk, das Bestand haben wird. Dazwischen auch übersehene Titel, wie der Verschwörungsthriller „Fury“, die es verdienen wiederentdeckt zu werden. Und nicht zuletzt Douglas’ autobiografische Schriften – momentan leider nur antiquarisch zu bekommen –, die Zeugnis ablegen von einer großen Kinoära, deren letztes Kapitel mit dem Tod von Kirk Douglas nunmehr abgeschlossen scheint.